Aktivierung eines kaum entwickelten Auges

Akkomodieren, Fusionieren, Lichtbaden, Lichtblitzen, Palmieren, Visualisieren u.a.

Aktivierung eines kaum entwickelten Auges

Beitragvon lucyinthesky » 07.08.2010 20:20

So, hier nun die dem Martin schon lange versprochenen Schilderungen!

Erstmal die Beschreibung des Zustandes:
Soweit ich mich erinnere hatte ich immer nur einäugiges Sehen, mit dem rechten Auge. Das Betäuben dieses Auges in der Kindheit mittels Medikamenten (mit Cyclopent, ca. 10 Jahre lang – über Hinweise zu Nebenwirkungen wäre ich dankbar) hat dem schwächeren Auge absolut nichts gebracht. Ist auch klar, da nichts aktiv FÜR das linke Auge unternommen wurde, sondern nur gegen das stärkere. Seit ich nun vor einigen Monaten anfing, mich um meine Augen zu kümmern, kann ich diesen Zustand nun auch besser beschreiben und verstehen.
:arrow: Mein linkes Auge hat momentan nur 60 % Sehkraft: das Bild ist viel dunkler und weniger gut aufgelöst als das rechte (100 %) und die Farben sind anders (wärmer).
Wenn ich mit links akkomodiere (bin weitsichtig!), rollt das Auge nach innen, so wie Martin mal das "Verrollungsschielen" beschrieben hat. Ich hab das auch versucht zu filmen, aber bisher ohne Erfolg. Das lässt zur Zeit nach, je öfter ich es mache, und bei vorsichtigem, nur leichtem Akkomodieren (also nicht bis zur maximalen Schärfe) passiert es kaum noch.
Außerdem habe ich noch nen leichten "echten" Schielwinkel, den ich immer deutlicher wahrnehme, jetzt wo ich immer öfter auch das linke Bild sehe. Die Bilder sind leicht gegeneinander verdreht und auch horizontal nicht auf der gleichen Ebene.

:idea: Was hab ich nun gemacht, in Richtung Aktivierung:
Ich hab mir also eines morgens eine Augenklappe aufs rechte Auge gemacht, mit noch zusätzlich größerem Stoff dahinter geklemmt – damit auch ja keine hellen Ritzen bleiben, die mich irritieren.
Und: war total verwirrt. Da war ein Bild (das linke eben), aber ich konnte nichts mit den Informationen anfangen!!! Ich war total orientierungslos, wie schockiert, und hab die Augenklappe auch schnell wieder abgesetzt.

Dann habe ich das Kapitel in Goodrichs Buch über die Entwicklung des Sehens (Gehirnhälften!!!) bei Kleinkindern gelesen und das hat mir, zusammen mit anderen Stellen in dem Buch für beidäugiges Sehen, echt weiter geholfen.
Mir wurde klar, dass mein Gehirn bisher nie gelernt hatte, die Informationen vom linken Auge zu verarbeiten, zu interpretieren etc. Deswegen stand ich da wie blind.
Außerdem war mein linkes Auge (bzw. das Zusammenspiel mit dem Gehirn) auf dem Stand eines etwa einjährigen Kindes geblieben: Die Koordination von Hand und Auge war schwierig und schlecht (oder auch das Laufen) und die Verbindung mit den anderen Sinnen nicht vorhanden. Also Formen, Strukturen, Muster, Materialien, Farben, Oberflächen waren nicht verknüpft mit Hören, Fühlen, Tasten, Schmecken und Riechen.


Ab dem zweiten Seh-Erlebnis mit links habe ich mich und mein Verhalten dem entsprechend dem Stand meines linken Auges angepasst und angefangen, meine Umgebung und die Dinge mit allen Sinnen zu erforschen und dadurch zu Lernen (Verknüpfungen im Gehirn zu schaffen).
Ich konnte den Zustand zulassen und war fasziniert davon, mich wie ein kleines Kind sehen lernend zu verhalten, mich einzufühlen. Es sieht mich ja keiner dabei zu Hause. :wink: Ich versuchte nicht mehr wie beim ersten Mal, wie gewohnt drauflos zu sehen, erst recht nicht es mit Macht zu erzwingen oder zu beschleunigen.
Das würde den Effekt wohl auch zunichte machen und wäre komplett sinnlos. Ich zügelte meine Neugier, Freude und mein Staunen nicht, und besonders die ersten paar Male war es einfach nur faszinierend. Ganz automatisch hielt ich auch Dinge ganz nahe ans Auge heran, hatte den Impuls dazu. Das tun nach Goodrich auch Kleinkinder. Je nachdem was es war, beschäftigte ich mich länger oder kürzer damit, die ersten paar Male sehr lange mit sehr wenigen Dingen. Später, mit zunehmendem Lernen wurde es mehr.
Mal ein Beispiel zur Illustration: Da liegt ein Schaffell. Da musste ich erstmal ganz nah ran, es dann mit den Händen erfühlen, am Gesicht auch, und riechen. Oder ein herrlich rote Kirsche ganz nah ans Auge halten und wieder weg, es damit berühren, sie befühlen, riechen, essen, schmecken oder auch zermatschen.
Sehen (bzw. auch hören etc.) was passiert, wenn ich das oder das tue. Das ist so wichtig für kleine Kinder – wie ich jetzt gut nachempfinden kann. Es ist unbedeutend, ob man einem Kleinkind sagt, das ist so und das so. Es muss es selbst erfahren, das ist ein echtes Bedürfnis. Auch mal den heißen Topf anfassen oder ins Stuhlbein beißen.

:arrow: Mein "Übungsrahmen" ist folgender:
Vorher über Kreuz Krabbeln (wie ein Baby) oder Gehen. Also linkes Bein gleichzeitig mit rechtem Arm bewegen usw. Das soll beide Gehirnhälfen und deren Zusammenspiel wecken. Mit ersterem fühle ich mich am wohlsten.
Dann Augenklappe auf (rechts) und hinein ins Abenteuer.
So lange bis es sich irgendwie anstrengend anfühlt, keinen Spaß mehr macht oder ich die "rechte Sicht" vermisse. Also bloß keinen Zwang oder Druck ausüben.
Hinterher palmieren.

Die ersten Male waren mir beim Sehen mit links auch keine einfachen rationalen Tätigkeiten möglich (z.B. Tisch decken, nen Kaffe kochen). Das geht mittlerweile mit links :lol: !!!
Wie schon oben gesagt, mit ratio hätte ich das auch am Anfang gekonnt, aber nur, wenn ich alle Gefühle (Neugier, Freude, Staunen) unterdrückt hätte, und das wäre Stress und sinnlos gewesen.

Hinterher ist außerdem meine linke Hand bewusster als sonst (bin Rechtshänder), und ich denke anders, irgendwie emotionaler.

Also, zusammenfassend kann ich sagen, dass es schon möglich ist, diese Entwicklung bis zu einem gewissen Grad nachzuholen. Auch die Koordination des linken Auges mit den Händen oder beim Gehen ist viel besser geworden.

Im Alltag ist mir jetzt nach einigen Wochen das linke Bild bewusster, ich kann oft bewusst umschalten oder beide Bilder sehen (also doppelt). Das linke Auge ist sehr beweglich und kann auch immer besser akkomodieren.
Mal SEHEN wo das noch hinführt. Am Ende zu Stereo???
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