Better Eyesight in deutscher Übertragung (eine Auswahl)
Verfasst: 09.06.2013 15:03
Hallo mal wieder!
In diesem Thread werde ich in lockerer Folge eine Auswahl von William Bates' Texten aus dem von Juli 1919 bis Juni 1930 regelmäßig monatlich erschienenen Better Eyesight Magazine in von mir angefertigter deutscher Übertragung posten. Vielleicht ist ja für den einen oder die andere von euch etwas Erhellendes dabei.
Aber bevor es losgehen kann: Ein Schlüsselbegriff in Bates' Schaffen und Werk ist der Begriff strain – als Verb bzw. als Nomen gebraucht. Dieser ist leider nicht immer direkt ins Deutsche übertragbar. Deshalb werde ich es auch nicht tun, sondern ihn praktisch durchgehend unübersetzt und wie einen deutschen Begriff verwenden und abwandeln (ihn also als Lehnwort verwenden). Als Verb gebraucht ("strainen") bedeutet es dann je nach Zusammenhang soviel wie "sich (übermäßig bzw. 'falsch' bzw. grundsätzlich) anstrengen" oder "sich bzw. bestimmte Körperpartien verspannen und/oder übermäßig anspannen" oder "(sich bzw. bestimmte Körperpartien) (ver)krampfen". Als Nomen gebraucht ("der Strain") bedeutet es dann je nach Zusammenhang "(übermäßige bzw. 'falsche' bzw. grundsätzliche) Anstrengung" oder "Verspannung und/oder übermäßige Anspannung (generell bzw. in bestimmten Körperpartien)" oder "(Ver-)Krampfung (generell bzw. in bestimmten Körperpartien)".
In diesem Thread werde ich in lockerer Folge eine Auswahl von William Bates' Texten aus dem von Juli 1919 bis Juni 1930 regelmäßig monatlich erschienenen Better Eyesight Magazine in von mir angefertigter deutscher Übertragung posten. Vielleicht ist ja für den einen oder die andere von euch etwas Erhellendes dabei.
Aber bevor es losgehen kann: Ein Schlüsselbegriff in Bates' Schaffen und Werk ist der Begriff strain – als Verb bzw. als Nomen gebraucht. Dieser ist leider nicht immer direkt ins Deutsche übertragbar. Deshalb werde ich es auch nicht tun, sondern ihn praktisch durchgehend unübersetzt und wie einen deutschen Begriff verwenden und abwandeln (ihn also als Lehnwort verwenden). Als Verb gebraucht ("strainen") bedeutet es dann je nach Zusammenhang soviel wie "sich (übermäßig bzw. 'falsch' bzw. grundsätzlich) anstrengen" oder "sich bzw. bestimmte Körperpartien verspannen und/oder übermäßig anspannen" oder "(sich bzw. bestimmte Körperpartien) (ver)krampfen". Als Nomen gebraucht ("der Strain") bedeutet es dann je nach Zusammenhang "(übermäßige bzw. 'falsche' bzw. grundsätzliche) Anstrengung" oder "Verspannung und/oder übermäßige Anspannung (generell bzw. in bestimmten Körperpartien)" oder "(Ver-)Krampfung (generell bzw. in bestimmten Körperpartien)".
Der Junge mit den Sommersprossen
("The freckle-faced boy", William Bates, M.D., Better Eyesight Magazine, Vol. V, No. 3, September 1921)
In einer der öffentlichen Schulen New Yorks, vor einigen Jahren, war ein Junge von ungefähr zehn Jahren mit sehr vielen Sommersprossen in seinem Gesicht. Er hatte eines dieser Lächeln, die manch ein sorgenfreier Jungen ständig mit sich herumträgt, an allen Orten und zu jeder Zeit. Seine Lehrerin war eine sehr nervöse Person, die eine Brille trug. Immer dann, wenn sie sprach, empfand ich es als sehr störend, nicht so sehr wegen dem, was sie sagte, als vielmehr wegen der unangenehmen Art und Weise, in der sie es sagte. Von dem Augenblick an, indem ich den Raum betrat, kritisierte sie mich scharf dafür, dass ich meine Methode zur Heilung und Vorbeugung von Fehlsichtigkeit bei Kindern in den Schulbetrieb eingeführt hatte. Direkt auf den sommersprossigen Jungen zeigend, sagte sie:
"Dieser Junge ist sehr kurzsichtig. Er hält sein Schulbuch viel zu nahe an seine Augen. Er kann die Schrift an der Schultafel nicht lesen. Die ganze Zeit schaut er auf die Snellen-Sehtafel, anstatt ordentlich zu lernen. Er redet darüber mit den anderen Kindern in der Klasse und er ermutigt sie dazu, zu üben, sie zu lesen. Er erzählt ihnen, dass er sich wohl fühle, wenn er sie liest, es mache seine Augen besser, und helfe ihm dabei, den Unterrichtsstoff zu lernen. Er ist unverschämt, denn er besteht dreist darauf, mir Ratschläge zu erteilen, mir, seiner Lehrerin, dass ich das Lesen dieser dummen Buchstaben praktizieren solle, die noch nicht einmal ein Wort oder in sonst einer Weise irgendeinen Sinn ergeben. Ich wünschte, Sie würden darauf bestehen, dass er eine Brille für seine eigenen Augen bekommt und dass Sie dafür sorgen, dass er damit aufhört, den anderen Kindern die Brillen abzunehmen. Wirklich, Herr Doktor, es ist einfach zu absurd. Dieser Junge hat tatsächlich die anderen Kinder davon überzeugt, dass sie durch das Lesen der Sehtafel ihre Kopfschmerzen heilen und ihre Sehkraft verbessern können. Wäre da nicht der Schuldirektor, ich hätte sie schon vor langer Zeit fortgeworfen.
Sie sagte noch einige andere Dinge, die noch um einiges unhöflicher waren. Die Kinder wurden langsam unruhig. Als sie für einen Augenblick innehielt, um Luft zu holen, ging ich mit dem sommersprossigen Jungen in einen Dunkelraum und untersuchte seine Augen mit dem Handretinoskop. Ich fand zwei perfekte Augen vor, mit nicht der leisesten Spur von Myopie oder Astigmatismus. Ich fragte ihn: "Wie kommt es dazu, dass Deine Lehrerin behauptet, Du könntest die Schrift an der Tafel nicht lesen?" Er antwortete, immer noch mit diesem wundervollen Lächeln: "Weil sie so furchtbar schlecht schreibt und niemand das lesen könne; sie benimmt sich oft so, als würde sie selbst es nicht lesen können." "Und warum," fuhr ich fort, "hältst Du die Bücher so dicht vor Dein Gesicht?" Er antwortete entschuldigend, "Weil mich das Drumherum ermüdet." "Was meinst Du damit?", fragte ich. "Oh", sagte er, "das Gesicht der Lehrerin; ich mag es nicht. Sie ist immer so ärgerlich und mürrisch; ihr Gesicht bereitet mir Schmerzen."
Danach brachte ich ihn zurück in das Klassenzimmer und schickte ihn zurück auf seinen Platz. Ich fragte die Lehrerin, ob sie die unterste Zeile der Snellen-Sehtafel lesen könne. Sie konnte es nicht. Dann zeigte ich ihr eine andere, nichtvertraute Sehtafel, die sie noch schlechter erkennnen konnte. Sie erklärte mir, dass ihre Brille neu angepasst werden müsse. Ich fragte den sommersprossigen Jungen, ob er sie lesen könne. "Ja," sagte er, und tat es prompt.
Die Lehrerin explodierte. Es sei unmöglich, sagte sie, dass er die Buchstaben lesen könne; er müsse auf irgendeinem anderen Wege herausgefunden haben, welche es sind. Sie zeigte auf die Uhr, "Wie spät ist es?", fragte sie. Der Junge antwortete ihr korrekt. Dann hielt sie ein Buch mit sehr großer Schrift empor, welches der Junge aus eineinhalb Metern Entfernung ebenfalls lesen konnte. Nachdem sie damit fertig war, zeigt ich auf einen sehr kleinen Buchstaben, den niemand aus der Entfernung hätte erkennen können, in der der Junge saß. Er lächelte und sagte, er könne ihn nicht erkennen. "Aber," sagte ich, "Du versuchst es ja gar nicht, Du strengst Dich nicht an, ihn zu sehen." In diesem Augenblick schlug die Lehrerin unerwartet mit ihrem Lineal hart auf die Tischplatte und uns allen fuhr der Schreck in die Glieder, mit der Ausnahme des sommersprossigen Jungen, der gelernt hatte, sich vor solchen Einflüssen zu schützen. Mit krächzender Stimme schrie sie: "Warum tust Du nicht, was der Herr Doktor von Dir verlangt?" Nach kurzer Zeit waren meine Nerven wieder zu etwas zurückgekehrt, das einigermaßen dem Normalzustand entsprach und ich wendete mich an den Jungen und fragte: "Warum versuchst Du es nicht?" Er antwortete, immer noch lächelnd, "Hat keinen Sinn, es zu versuchen." [Im Original: "No use tryin'."]
Mit diesen Worten als Vorgabe sprach ich zu der Klasse und sagte, dass der Junge recht habe und dass die Sehkraft niemals perfekt sei, wenn man versucht, zu sehen. Durch den Strain sorge man nur dafür, dass man sich unwohl fühlt, und es werde einem niemals guttun. Danach fuhr ich damit fort, die Schüler einige Fakten demonstrieren zu lassen. Ich wies sie an, ihre Aufmerksamkeit dauerhaft auf den kleinsten Buchstaben fixiert zu halten, den sie von ihrem Sitz aus jeweils gerade noch erkennen konnten. Dass sie also darauf starren sollen, dass sie versuchen sollen, ihn zu sehen, dass sie sich darauf konzentrieren sollen, dass sie ihre Augenlider zu Schlitzen verengen sollen – kurz gesagt: Dass sie einfach alles mögliche tun sollten, um ihre Sehkraft zu verbessern. Ich bemerkte, dass die Lehrerin, welche zuvor zum hinteren Ende des Raums gegangen war, dem zuhörte, was ich sagte.
Die Schüler taten, was ich ihnen vorgeschlagen hatte, und stellten rasch fest, dass sie durch die Anstrengung begannen, sich unwohl zu fühlen, was wiederum ihre Sehkraft verschlechterte. Dann bat ich einen der Schüler, mir den kleinsten Buchstaben zu nennen, den er noch erkennen konnte. Er antwortete: "Ein O in der vorletzten Zeile." "Als Du ihn gesehen hast, war es leicht, ihn zu sehen?" Er antwortete: "Ja, ganz problemlos". Dann sagte ich zu ihm: "Als Du versuchtest, ihn zu sehen, als Du es Deinen Augen schwergemacht hast durch die Anstrengung, durch den Strain, was passierte?" Er antwortete: "Der Buchstabe verschwand und die ganze Tafel wurde verschwommen. Ich habe Kopfschmerzen bekommen, und das mag ich nicht."
"Schließe Deine Augen," sagte ich, "und ruhe sie aus. Bedecke Deine Augen mit den Handflächen, sodass keinerlei Licht mehr hindurchkommt. Nun sage mir, wer Amerika entdeckt hat." "Kolumbus," antwortete er, "im Jahre 1492." "Kannst Du Kolumbus buchstabieren?", fragte ich. "Ja," antwortete er, "K-o-l-u-m-b-u-s." Während dieser ganzen Zeit stand die Lehrerin mit geschlossenen und bedeckten Augen. "Du hast es richtig buchstabiert," sagte ich. "Wie steht es mit Deinen Kopfschmerzen?" "Sie sind verschwunden," sagte er, "und ich fühle mich gut."
Ich bemerkte, dass die Lehrerin immer noch ihre Augen bedeckt hielt, und als der Junge sagte, dass seine Kopfschmerzen verschwunden seien, nickte sie mit dem Kopf. Ich wies nun den Jungen an, seine Hände herunterzunehmen, seine Augen zu öffnen, und mir zu sagen, wieviel er sehen konnte. "Gee", rief er aus, "Ich sehe besser. Der Buchstabe O ist in Ordnung und ich kann einige von den Buchstaben in der untersten Zeile sehen." Das gesagt, steckte er beide Hände in seine Hosentaschen, lächelte mich an, drehte sich um und grinste in die Klasse.
Ein kleines Mädchen mit Brille hob scheu ihre Hand und sagte, als ich ihr bedeutete zu sprechen: "Bitte, Herr Doktor, ich habe schreckliche Kopfschmerzen." Ihre Augen sahen sehr angestrengt aus. Ich wies sie an, ihre Brille abzunehmen und sie auf das Pult zu legen, auf die Sehtafel zu schauen, und zu lesen, was sie erkennen kann. Zu diesem Zeitpunkt nahm die Lehrerin am hinteren Ende des Raumes die Hände von ihrem Gesicht, nahm ihre Brille ab, und legte sie auf das nächstgelegene Pult. Ich frage das kleine Mädchen, was sie sehen könne: "Ich kann nur die größten Buchstaben am oberen Ende der Sehtafel sehen."
Sie wurde angewiesen, ihre Augen zu schließen und sie mit ihren Handflächen zu bedecken. Die Lehrerin tat das gleiche, und all die anderen Kinder, die ebenfalls Brillen trugen, nahmen sie ebenfalls ab, schauten auf die Sehtafel, schlossen ihre Augen und bedeckten sie mit ihren Handflächen. Dann sagte ich zu dem kleinen Mädchen, das die schlimmen Kopfschmerzen hatte: "Wie lautet Dein Vorname?" "Margaret," antwortete sie. "Kannst Du das buchstabieren?", fragte ich sie, und sie buchstabierte es. "Wie lautet Dein Nachname?" Sie sagte ihn mir, und auf meine Bitte hin buchstabierte sie auch ihn. Dann lächelte sie. "Wie steht es mit Deinen Kopfschmerzen?" "Ich habe keine.", antwortete sie. "Nimm nun Deine Hände herunter, öffne Deine Augen und sei dann so lieb, die Buchstaben auf der Sehtafel für mich zu lesen."
Sie las umgehend vier komplette Buchstabenzeilen vor, und sah sehr glücklich aus, als sie es tat. Unterdessen hatten die Lehrerin und die anderen Schüler, die Brillen getragen hatten, dasselbe getan und als sie nun das zweite Mal auf die Sehtafel blickten, lächelten sie, offensichtlich erfreut von dem, was sie sahen. Ich stellte überrascht fest, dass selbst die Lehrerin lächelte und als sie – während ich gerade im Begriff war, den Raum zu verlassen – nach vorne kam und ihre Brille in den Papierkorb warf, war ich darüber einigermaßen erstaunt. Sich zu mir umwendend fragte sie: "Herr Doktor, muss ich noch etwas sagen?" "Sie haben alles gesagt, ich danke ihnen.", antwortete ich. Als ich zur Tür hinausging, hörte ich die Klasse im Chor ausrufen: "Thank you, thank you."
Sehr bald darauf verdammte das Board of Education meine Methode als "unwissenschaftlich und irrig" ["unscientific and erroneous"] und verbat die Verwendung der Snellen-Sehtafel in den Schulen, mit Ausnahme des üblichen Verwendungszweckes, im Rahmen von Sehtests die Sehkraft der Kinder zu vermessen. So kamen meine angenehmen Besuche in den Klassenzimmern zu einem Ende. Einige Jahre später traf ich dennoch die Lehrerin des sommersprossigen Jungen, um mich nach seinem Befinden zu erkundigen. Sie begegnete mir mit einem Lächeln und ohne Brille und ich stellte fest, dass die Snellen-Sehtafel noch immer an der Klassenzimmerwand hing. Auf meine Nachfrage, warum sie denn dort noch hing, obwohl das Board of Education ihre Verwendung verboten hatte, antwortete sie: "Das Board of Education hat nicht die Macht, mich dazu zu bringen, diese Sehtafel fortzunehmen."
Daraufhin fragte ich nach dem sommersprossigen Jungen. "Graduiert.", antwortete sie. Da er noch unterhalb des Alters war, in dem die Kinder für gewöhnlich die öffentlichen Grundschulen verlassen, drückte ich meine Überraschung darüber aus. "Er wechselte in die Klasse für Hochbegabte.", sagte sie. "Durchlief meine Klasse in Windeseile und nahm eine ganze Reihe weiterer Kinder mit sich in die Hochbegabten-Klasse. Muss mittlerweile halb mit der Oberschule durch sein. Sehr gescheiter Junge."
Ich habe ein Buch geschrieben über die Heilung von Fehlsichtigkeit mittels Behandlung ohne Brille, welches mehrere hundert Seiten umfasst. Der sommersprossige Junge hat mit drei Worten im wesentlichen komplett das beschrieben, was in meinem Buch enthalten ist: "No use tryin'."