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ohne Brille ist wie nicht funktionieren

BeitragVerfasst: 24.06.2013 20:02
von Jule46
Hallo,
kurze Vorstellung: Diagnose Kurzsichtigkeit bei der Schuluntersuchung mit 6 Jahren, damals ca. 3 Dioptrien, dann verschlechtert bis auf 6 - 7 Dioptrien mit 18 Jahren, Asti zwischen 1 und 2. Mit 16 Jahren schon mal das Buch von Liselotte Scholl gelesen, ein paar Übungen gemacht, brachte aber nichts.
Was wäre wohl passiert, wenn damals Herr Bates mit der Sehtafel gekommen wäre?
Morgens beim Aufstehen Brille auf, abends beim Lichtausmachen Brille ab, eigentlich war alles o.k.
Dann beginnende Altersweitsichtigkeit, Versuch mit Kontaktlinsen, große Freude das eigene Gesicht ohne Brille zu sehen. Gut vertragen habe ich die Kontaklinsen eigentlich nicht, häufig tränende Augen aber ich war so froh, endlich keine Brille mehr im Gesicht zu haben.
Vor 6 Monaten in einem Second Hand Laden das Buch von John Solby "Das Gesundheitsbuch für die Augen" gesehen und gekauft. Vor ca. 3 Monaten bei einem beruflichen Termin ein tränendes schmerzendes Auge. So ein Termin wird natürlich zu Ende gebracht, ohne sich etwas anmerken zu lassen.
Danach war es erst wieder etwas besser, also mit dem Fahrrad nach Hause, Kontaktlinsen raus, das Auge lief förmlich aus. Augenarzt: Erosion der Hornhaut. Seitdem keine Kontaktlinsen mehr.
Jetzt habe ich zwei Brillen, eine "Nahbrille" die ich als unterkorrigierte Brille benutze, mit der ich lese, am Computer arbeite, Fahrrad fahre und Einkaufen gehe und eine Brille mit der ich die vorgeschriebene Sehschärfe fürs Autofahren erreiche.
Ich führe jetzt morgens immer einige Augenübungen durch, habe mich auch mit der verschwommenen Sicht einigermaßen arrangiert und spazierengehen geht auch ohne Brille gut.
Mich beschäftigt der Gedanke des Funktionierens sehr. Was heißt für mich funktionieren? Meine beruflichen und privaten Aufgaben erledigen zu können. Jetzt einen langen Urlaub zu machen, um "die Augen in Form" zu bringen ist auch keine Lösung, denn damit ist die grundlegende Frage nicht geklärt. Wie viel "nicht funktionieren" will ich mir zugestehen. (Das sind sie, die kopflastigen Kurzsichtigen)
Ich habe den Künstler hier im Forum bewundert, der einfach ohne Brille weiter gelebt hat.
Ich habe das Gefühl, um besser sehen zu können, müsste ich noch mehr ohne Brille tun. Aber ohne Brille dauert alles viel länger und ist viel anstrengender. Wie ist das bei euch? Wie kommt ihr mit dem Wechsel zwischen Brille und "natürlichem Sehen" zurecht. Was denkt ihr darüber?
Freue mich auf eure Antworten.

Allen eine klare Sicht

Jule

Re: ohne Brille ist wie nicht funktionieren

BeitragVerfasst: 24.06.2013 21:49
von lukita
Jule46 hat geschrieben:Ich habe den Künstler hier im Forum bewundert, der einfach ohne Brille weiter gelebt hat.


Wen meinst Du denn?

Jule46 hat geschrieben:Ich habe das Gefühl, um besser sehen zu können, müsste ich noch mehr ohne Brille tun. Aber ohne Brille dauert alles viel länger und ist viel anstrengender. Wie ist das bei euch? Wie kommt ihr mit dem Wechsel zwischen Brille und "natürlichem Sehen" zurecht. Was denkt ihr darüber?


Ja, mir geht es ähnlich. Ich empfinde es immer wieder als anstrengend, wenn ich mich ohne Brille auf offener Straße bewege. Es irritiert mich, dass ich Menschen einfach nicht erkennen kann. Und so läuft die Sorge mit, dass ich mir bekannte Menschen übersehe. Auch sonst ist die Interaktion sehr stark eingeschränkt.

Dennoch versuche ich, so oft wie möglich, ohne Brille auszukommen, weil ich den Eindruck habe, dass es mir und meinen Augen unter dem Strich gut tut.

Re: ohne Brille ist wie nicht funktionieren

BeitragVerfasst: 25.06.2013 07:24
von Sina
Jule46 hat geschrieben:Ich habe das Gefühl, um besser sehen zu können, müsste ich noch mehr ohne Brille tun. Aber ohne Brille dauert alles viel länger und ist viel anstrengender. Wie ist das bei euch? Wie kommt ihr mit dem Wechsel zwischen Brille und "natürlichem Sehen" zurecht. Was denkt ihr darüber?
Freue mich auf eure Antworten.


Hallo Jule, :)

du hast Recht. Die Brille dient dazu, zu funktionieren, und die eigenen Körper- u. a. Bedürfnisse zu ignorieren, die die Augen aussenden. Man behandelt die Augen dann als technische Geräte, wie zB einen Fotoapparat, der immer funktionieren soll.

Die Augen sind aber Körperteile, und sie sprechen mit dir. sie sagen dir, ob du jetzt keine Lust mehr hast, zu lesen, zu arbeiten, ob du müde bist, oder etwas anderes angucken willst. usw.

Vielleicht kann man sie mit Kindern vergleichen. Sie wollen sich wohlfühlen, und sie wollen gut behandelt werden: sie haben Bedürfnisse und Grenzen. Sie wollen nicht ununterbrochen funktionieren. Sie wollen mal ausruhen oder etwas anderes ansehen, oder mit Lichtreflexen spielen, oder genießen, was es Schönes in der Welt anzuschauen gibt.

Da wir aber in unserer Leistungsgesellschaft gelernt haben, dass wir immer funktionieren müssen, hält sich der Glaube so gut, dass eine Brille alle Probleme löst, weil man damit ja sofort tadellos sehen und arbeiten kann.

Die Anstrengung, wenn ich die Brille weglasse, besteht vermutlich darin, dass ich meine Augen zwingen will, etwas zu sehen, was jetzt nicht meinem Bedürfnis entspricht. Oder etwas zu lesen, wofür ich mich jetzt grade gar nicht interessiere.

Ich komme von der Weitsichtigkeit. Die Brille habe ich vor einigen Monaten weggelegt und benutze sie nicht mehr. Mich betrifft das Funktionieren hauptsächlich bei meiner Lektüre. Und da ist es so, dass mein Lesen sehr wechselhaft ist. Mal kann ich zeitweise ganz klar lesen, oft habe ich eine leichte Grauschattierung als Doppelung. Mal kann ich gar keine Buchstaben erkennen. Lichtverhältnisse und Stimmung spielen dabei eine gro0e Rolle.

Entsprechend wechsele ich das Lesen ab mit Palmieren, innerlich Schwarz sehen beim Palmieren, oder Wörter in das Schwarz schreiben beim Palmieren = Visualisieren.

Ich verlange nicht mehr von mir, immer lesen zu können. Früher habe ich Hunderte von Seiten weggehauen und dicke Romane in ein paar Tagen durch gehabt.

So geht das jetzt nicht. Aber dafür mache ich öfter Pausen, und ich stelle mir auch das, was ich lese mehr bildlich vor in der Pausenzeit. Und ich spekuliere auf eine Art darauf, dass ich auch wieder viel lesen können werde,

wie ich in dem Artikel über Lord Macaulay
http://www.central-fixation.com/better- ... 926-10.php

gelesen habe.

Ich denke mir, das hängt davon ab, dass die Klarsicht wieder eindeutig wird. Und das ist dann der Fall, wenn sich das Gehirn vollständig umgestellt haben wird auf die „Naturbrille“ und die Kunstbrillen-Funktion im Gehirn in den Hintergrund getreten sein wird.

Unabhängig davon werde ich auch dann durch die Rückmeldung meiner Augen mehr Gefühl dafür haben, wann ich lesen, und wann ich etwas anderes tun will. Denn ich habe früher oft suchtartig gelesen und damit andere Impulse und Bedürfnisse weggemacht.

Liebe Grüße

Sina :)

Re: ohne Brille ist wie nicht funktionieren

BeitragVerfasst: 25.06.2013 09:19
von lukita
Sina hat geschrieben:Vielleicht kann man sie (die Augen) mit Kindern vergleichen: sie haben Bedürfnisse und Grenzen. Sie wollen nicht ununterbrochen funktionieren. Sie wollen mal ausruhen oder etwas anderes ansehen, oder mit Lichtreflexen spielen, oder genießen, was es Schönes in der Welt anzuschauen gibt.


Der Vergleich gefällt mir. :-)

BeitragVerfasst: 25.06.2013 21:11
von merukando
Hallo Jule,

ja, es ist (zu Beginn) sehr mühsam ohne Brille bzw. mit unscharfer Sicht, aber es lohnt sich ungemein durchzuhalten und sich nach und nach an der eintretenden Schärfe zu erfreuen.

Seit etwa zwei Wochen lasse ich konsequent die Brille weg. Die einzige Einschränkung die ich habe, ist, dass ich im Geschäft (noch) nicht mit einer Karte zahlen möchte, da ich mich vertippen könnte (schon vorgekommen) und sehr nah rangehen muss. Ansonsten fühle ich mich nicht eingeschränkt und das Gefühl sich jeden Tag OHNE Brille schärfer im Spiegel zu sehen oder bei einem Spaziergang die Blätter an den Bäumen erkennen zu können, ist unbezahlbar.

Ich denke dann immer: Wow, dass sind DEINE Augen, die das gerade sehen, du trägst gerade keine Brille. Das ist für mich der große Unterschied. Ich fördere die natürliche Sehkraft meiner Augen und gewöhne meine Augen nicht an einen bestimmten Brechungsfehler, mag er auch noch so klein sein- es ist und bleibt ein Brechungsfehler.

viele Grüße

merukando

ungefähr die ersten 0,75 Dioptrien sind geschafft.

BeitragVerfasst: 11.07.2013 14:50
von Jule46
Hallo

an alle, die sich im Moment fragen: übe ich genug? kann das überhaupt funktioniern?

Ja, es funktioniert, und zwar ohne minutengenaues Übungsprogramm.
Ich hatte fürs Autofahren eine Brille mit ca. 6 und 7 Dioptrien und für alles andere, da die Altersweitsichtigkeit begann, eine Brille mit ca. 5 und 6 Dioptrien, die schwächere Brille habe ich eigentlich dauerhaft aufgesetzt, sozusagen als Übungsbrille und ich habe versucht, viel ohne Brille zu tun. (Auch wenn mich das häufig genervt hat, habe mal ohne Brille geputzt, anschließend mit Brille dann nachgeputzt ...)
Ich hatte ehrlicherweise Bedenken, ob dieses ewige Wechseln der Sicht/ Brille/ keine Brille nicht langfristig schadet, aber heute morgen konnte ich beim Autofahren die weit entfernten Schilder deutlich besser mit der schwächeren Brille erkennen. Auch das Gefühl, das entferntere Gesichter verschwommen aussehen ist plötzlich weg.
Fazit: Sehen ist nicht immer gleich, ich kann nicht alles gleichzeitig scharf sehen.
Nun muss ich aber dringend ein paar Übungen mit der Sehtafel machen, denn Sehtests beim Augenoptiker finde ich ganz furchtbar, das Licht ist zu grell, mir tränen die Augen und ein besser/ schlechter kann ich nicht immer erkennen. Da ich aber wenn ich weiterkommen möchte wahrscheinlich eine neue unterkorrigierte Brille brauche, werde ich nicht darumherumkommen.

Ich wünsche allen Übenden viel Erfolg

Jule